Haushaltsrede 2015

Bündnis 90/Die Grünen Ortsverband Schopfheim

Schopfheim, 8. Dezember 2014

Herr Bürgermeister, meine Damen und Herren !

Der letzte Haushalt in dieser Form: wir GRÜNE weinen dieser Form keine Träne nach, wir warten schon lange – von Jan 2013 auf 2015 und dann auf 2016 verschoben – auf eine übersichtliche und wirtschaftlich korrekte Form – inclusive der hierbei zu erwartenden Zielformulierungen und Controlling-Möglichkeiten.

Heute also nur wenige Themen, orientiert an Haushaltszahlen, GRÜNE Stellungnahmen zu bisherigen Themen sind ja bekannt.

Wohnungsbau:

Nach wie vor zeigen weder Gemeinderat noch Verwaltung ein Interesse daran genauer zu diskutieren, welchen Wohnungsbau wollen wir oder was ist im Interesse der Stadt notwendig. Aussagen wie „wir bauen das, was verkauft werden kann“ oder „das, was auf einfachem Weg realisierbar ist“ sind keine Strategie für eine vernünftige Stadtentwicklung.
Wenn ich den Zahlen in den letzten HH-Plänen trauen will, hat die Stadt einen Einwohner-zuwachs innerhalb 2 Jahren von 230 Einwohnern – im Gemeinderat war bisher die Sprache von Einwohnerstand halten, nicht von wachsen. Die intensive Bautätigkeit lockt natürlich zusätzliche Einwohner an, zum Preis einer weiteren Über-bauung der Landschaft, mit Unterhaltskosten für Straßen und Wege, womöglich gar mit dem Bedarf nach Ausweitung der Infrastruktur (siehe Kindergartenzahlen) – und dies alles ist sicher nicht mit dem höheren Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer ausgeglichen – oder haben wir da mal eine so genaue Abrechnung gesehen, wie wir es jetzt beim Thema Grienmatt–Sportplatz wollen?
Im Haushalt stehen jetzt z.B. Finanzen für eine Erschließungs-Straße am Eisweiher, ohne Diskussion, wofür. Einfam-häuser in derart zentrumsnaher Lage bei knappen Bauflächen wären ein falscher Entscheid.
Stadtentwicklung – im Sinne einer Wohnbebauung – hat bisher bedeutet, die Stadt kauft Gelände oder einigt sich mit Grundbesitzern und diese Grundstücke werden dann bebaut. Mit der Schlattholzbebauung ist der Gemeinderat von dieser Linie abgewichen und verkaufte großflächig städtisches Eigentum, eigentlich war dies als Sportgelände vorgesehen. Es ging und geht aber auch anders – Rebacker, Bremt, Schleife oder aktuell Stalten – zuerst kaufen, dann umlegen und verkaufen. Es würde weiterhin anders gehen – Fahrnau, zwischen Turm- und Schulstr., ca 6000 m², beschlossener B-Plan seit ca 20 Jahren – warum traut sich die Mehrheit im Gemeinderat nicht? Mögliche Baugebiete, wie oberhalb Eichen, in Vergessenheit geraten? Oder traut sich die Verwaltung nicht zu sagen, dass sie hierfür keine Kapazität hat?
Stattdessen wird – immer wieder – über Umnutzung von innerstädtischen Grünflächen geredet. Grünflächen, die für das Klima und die Bevölkerung, insbesondere Kinder und Jugendliche, wichtig sind: der Oberfeld-Bolzplatz, ca 6000 m², musste 2-mal abgewehrt werden, eine Spielplatzbebauung im Hegne konnte abgewehrt werden, der Eisweiher wird wohl nur als Rest-Spielplatz überleben, auch der Spielplatz an der Ebert-Schule wird aufgrund der Campus-Idee geschätzt um ¼ bis 1/3 reduziert.
Stadtentwicklung – wie wir sie uns vorstellen – sieht anders aus.

Aktuell noch:

Nach der klaren Absage des SVS zu weiteren Fusionsgesprächen müsste das Vorgehen der Stadt zwingend nochmals überdacht werden. Dies hätten wir eigentlich auch ohne diese Absage machen müssen, denn ein neues Sportareal würde frühestens in 5 Jahren fertiggestellt sein, und der Zustand im Oberfeld ist, so wie dies sich derzeit darstellt, nicht länger hinnehmbar.

Laut deutlicher Aussage sind die Vereine auf die Stadt zugekommen wegen einer möglichen Fusion. Ohne die Vereinsanfrage wäre der Gedanke zur Bebauung nicht aktuell oder nicht so schnell aktuell geworden. Demzufolge könnte man die Vergleichsplanung (Sanierung, Bebauung, neuer Sportpark) eigentlich streichen. Da keine Aussicht auf Erfolg besteht, beantragen wir dies heute nicht.

In der Diskussion ist jetzt die Bebauung unabhängig von der Fusion sein.
Unter diesen Bedingungen müssen notwendige Sanierungs-maßnahmen jetzt geplant und begonnen werden. Lt. Mifri könnte ein Sportpark in 2017 fertig sein, unter Einbezug der Zeitverzögerung durch ein Bürgerbegehren, wäre er damit frühestens 2019/2020 bespielbar – ich glaube allerdings an einen Erfolg des Bürgerbegehrens und nach Ablauf der Gültigkeitsdauer (3 Jahre) wäre der früheste Termin dann 2022/23.Finanzen für diese Sanierung werden wir im Frühjahr beantragen.
Anderes Thema: Bürgerengagement und Verwaltungsunterstützung:
Die Agendaprozesse laufen noch, aber die meisten Protokolle der Sitzungen sind von Ende 2013. Verwirklicht wurde: ein Logo, wo aber bleibt der Platz für Sternenkinder auf einem Friedhof, immerhin ist der EEA-Prozess genehmigt. Immerhin ruft der Bürgermeister jetzt auf zur Teilnahme an einer Online-Umfrage (verlängert bis Ende Januar), die Datenmaterial für den EEA-Prozess liefern kann.. Aber praktisch gab es kaum Unterstützung, keinen Push von der Verwaltung. OK, personelle Engpässe wegen Krankheit gab es, aber muss deswegen alles so zäh verlaufen ? Der Verlauf des Mülleimerkonzeptes – bürgerfreundlich ? Im Oktober, nach der GR-Wahl, sollte das Thema mit dem neuen GR wieder aufgenommen werden, jetzt ist Dezember. Eine Umplanung des Anna-Kym-Gartens ist doch eigentlich eine Aufgabe, mit der die Agenda-Gruppe ‚Kultur und Soziales‘ weitere BürgerInnen zu freudiger Mitarbeit anregen hätte können. Und die Behandlung von über 2.500 Bürgern mit anderer Meinung zum Thema Verlagerung der Sportanlage Oberfeld war außerordentlich grenzwertig – Recht hin oder her.

Ein drittes Thema – Radverkehr:

Alternativen zum motorisierten Verkehr, zu Lärm und Abgas: Immer noch viel zu wenig beachtet, innerstädtisch ohne sichtbare Unterstützung. Im Haushalt ist – und wir sehen dies als ersten Schritt – immerhin ein Betrag für einen Teil des Radwegs entlang der Wiese ausgewiesen, dieser ist im Radverkehrskonzept des Lankreises als Teil der Pendlerroute – also einer ‚Schnellverkehrbindung Ortsübergreifend – dargestellt

Ein viertes – Windenergie:

Eine klimaneutrale Energieversorgung, bei der aus Rücksicht auf den Landschaftsschutz der Schutz der Menschen vor jahrtausende-bestehenden Atomabfällen, vor Luftverschmutzung durch Kohlekraftwerke, ausgespielt wird, wird viel zu wenig aktiv betont. Sind wir etwa bei unserer Handynutzung und der hiervon ausgehenden, tatsächlich nachgewiesenen Strahlen-Belastung auch so zurückhaltend/bremsend tätig, wie es jetzt die Windkraftgegner verlangen wollen?

Zurück zu den Finanzen – Sparen:

Seit Jahren wird gepredigt, aber nichts geschieht: Prioritäten wurden festgelegt, bei denen das Schuldenmachen fest eingeplant ist – über ein Verschieben einzelner Investitionen in die Zeit, wo etwas ohne Schulden gemacht werden könnte, fehlen. Den Bundesländer ist es ab 2020 verboten neue Schulden aufzunehmen, den Kommunen nicht; das wird aber wohl bedeuten, dass mehr Lasten vom Land auf die Kommune übertragen werden. Und dann ? Aber okay – das stört uns heute im Gemeinderat und Verwaltung nicht sehr: wir GRÜNE können nur hoffen, dass wir im nächsten Jahr Genaueres wissen und dann wirklich Konsequenzen gezogen werden.

Eine kleine Nebenbemerkung sei erlaubt:

Es geht so leicht unter, woher die Einnahmen kommen – natürlich ist der Einkommensteueranteil der größter Batzen. Aber auch die GRÜN/ROTe Landespolitik tut Positives, mehr als frühere Regierungsbündnisse, aber einem Bürgermeister mit CDU-Parteibuch fällt es halt schwer, dies zu erwähnen. Drittel-Finanzierung der Schulsozialarbeit, Sprachförderung der Kleinsten, 2/3 Finanzierung der Betriebsausgaben der Kleinkindbetreuung – alles erweiterte Landesmittel, die dem städtischen Haushalt zu Gute kommen.

Resumee:

Auch wenn über den 10-Jahresplan und die Prioritätenfestlegung einige wichtige Entscheidungen getroffen worden sind, bleibt festzuhalten, dass die große Linie, die Vision von Schopfheim (2030 ?), weiterhin fehlt. Dies bedeutet – kein einheitliches und abgestimmtes Bild, nur punktuell ein zielorientiertes Vorgehen und damit sicher Nachteile für eine erfolgreiche Stadtentwicklung. Verzetteln, reparieren und ver-diskutieren bleiben damit wahrscheinlich an der Tagesordnung.
Die Verwaltung wird von den Betrieben und Geschäften und von den Bürgern bezahlt. Das Tun der Stadtver-waltung müsste daher noch stärker vom Gedanken der Dienstleistung geprägt sein, Bürger müssen miteinbezogen werden, zuhören und dann auch Ernst genommen zu werden ist Teil dieser Aufgabe. Hierfür braucht es Transparenz, klare Aussagen, auch zu einem Leitbild und einer Vision für Schopfheim.
Der Gemeinderat, das von den Bürgern gewähltes Gremium, muss stärker hierauf achten und dies verstärkt als seine Verantwortung für 2015 betrachten und annehmen. In der Vorbereitung auf die NKHR hat er die Möglichkeit, die Verwaltung – die wohl überwiegend mit dem Zahlenwerk beschäftigt sein wird – zu unterstützen und Einfluss zu nehmen.
Für diese Aufgaben wünschen wir GRÜNE den Mitarbeitern in der Stadtverwaltung und auch dem Stadtrat Mut zu bisher ungewohnten Aktivitäten oder Maßnahmen. Auch die GRÜNEN als drittstärkste Fraktion werden ihren Teil hierzu beitragen. Wir hoffen weiterhin auf ein positives Engagement aller und Begeisterung für die Umsetzung von Aufgaben, die der nahen und ferneren Zukunft unserer ‚liebens- und lebenswerten‘ Stadt dienen.

Mit dem 10-Jahresplan, mit der Diskussion der Prioritäten, haben wir einen ersten Schritt in die richtige Richtung gemacht. Dennoch bin ich persönlich über die Planungsabläufe für 2015, das Jahr vor Einführung der NKHR, nicht glücklich und schon gar nicht mit den Ergebnissen zufrieden. Die Zahlen sehen ja gut aus – auf ein/zwei Jahre betrachtet, aber danach ? Ich werde dem Haushalt also nicht zustimmen, die anderen Mitglieder der GRÜNEN Fraktion bewerten die Gesamtzusammenhänge teilweise etwas anders. Wir werden also nicht einheitlich stimmen.

Zum Schluß:

Wir GRÜNE wünschen allen hier Anwesenden genauso wie allen Bürgerinnen und Bürgern der Stadt und ihrer Teilorte eine gesegnete Weihnachtszeit und alles Gute ins Neue Jahr.

Für die GRÜNEN
Michael Straub

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