Kamin Hock

Der Ortsverband Schopfheim vor dem Kamin in der Stube von Straub
Hinten (von links): Felix Straub, Sabine Imping, Michael Straub | Vorne (von links): Ehrenfried Barnet, Marianne Merschhemke, Gerhard Zickenheiner, Sebastian Prigge, Uwe Gerber und Klaus Böttger

Was den einen ihr Silvester-, den anderen der Dreikönigs- heißt bei den Grünen nun auch bereits seit mehreren Jahren Kaminhock und dient letztlich dem gleichen Zweck: eine lockere Versammlung von Vorstand und Fraktion, manchmal erweitert mit KreisrätInnen, Landes- oder Bundestagsabgeordneten.

Zurückschauen, Informationen austauschen und einen Ausblick auf zukünftige Themen geben, steht dann auf der Agenda des Abends. Mit dem in Zell im Wiesental ansässigen Bundestagsabgeordneten Gerhard Zickenheiner hatten sich die Grünen auch einen Fachmann für Förderungsmöglichkeiten und –ideen, die sie auch kommunalpolitisch planen und umzusetzen lassen, zu Gast in Wiltrud und Michael Straubs Kaminzimmer. Zunächst ging es jedoch in den Berichten des Fraktionsvorsitzenden Ernes Barnet und dem noch neuen Mitglied im Gemeinderat Felix Straub darum, das vergangene Jahr Revue passieren zu lassen.

Rückblick auf das Jahr 2019

Mit dem Einstieg von Bürgermeister Harscher sei für beide ein spürbarer Wechsel in der Kommunikation und gegenseitigen Wahrnehmung zu konstatieren, wobei damit natürlich nicht gesagt sei, dass alles rund laufe. Dennoch sei festzuhalten, dass die Zuhörbereitschaft und Geduld – auch bei Anfragen aus der Bürgerschaft – schon eine Steigerung erfahren habe. Auch wenn Dirk Harscher etwas überraschend bei der Kreistagswahl auf der Liste der Freien Wähler aufgetaucht sei – und damit wohl auch zur Stärkung deren Gemeinderatsfraktion beigetragen habe – sei dies bisher nicht als Manko wahrzunehmen. Analog sei es mit der von Bürgermeister a. D. Klaus Fleck kritisierten Vorgehensweise einen „Beschluss erst in der Sitzung zu erarbeiten“ gerade dies zeige, dass die Verwaltung nicht dem Gemeinderat eine vorgefertigte Entscheidung vorsetze, die einfach abgenickt werden sollte – wie man es früher oft genug erlebt habe. Die Grünen Fraktion im Gemeinderat Schopfheim sehe natürlich auch die Schwierigkeiten, welche durch die riesigen finanziellen Herausforderungen durch z. T. aus dem Vorjahr „überraschend“ aufgetauchten Maßnahmen, wie der Brandschutz im Kindergarten am Marktplatz und der Johann-Peter-Hebel-Schule sowie die unsägliche Verteuerung des Campus, hielten Straub und Barnet fest.

Gemeinderat

Auch mit vielen Vorlagen der Verwaltung für die Gemeinderatssitzung gebe es immer wieder Probleme durch falsche oder fehlende Zahlen, die dann Entscheidungen in spätere Sitzungen verschieben würden bzw. gar nicht erst ermöglichten, weil Alternativen nicht ausgearbeitet wurden. Hier würden die Grünen zukünftig großen Wert darauflegen, sowohl Alternativen als auch Folgekosten mitberücksichtigt zu haben.

Infrastruktur

Mit der Schließung des Schülerhorts und der Diskussion um die Erdaushubablagerung in der Breitmatt sei Mitte 2019 einige Aufregung in der Stadt verbunden gewesen, hier habe sich ebenfalls gezeigt, das vorausschauendes Handeln einfach eine unerlässliche Komponente bei allen Entscheidungen des Gemeinderates sein müsse. Baugebiete ohne Auswirkungen aus Infrastruktur (Kindergartenpläze, Schulplätze, Pflegeeinrichtungen, Wegenetz u.a. ) – wie jahrelang praktiziert – auszuweisen, gehe einfach nicht mehr.

Ärtztemangel

Absolut nicht nachvollziehen konnten die Grünen den Beschluss anderer Fraktionen, nochmals 20.000 Euro für eine Weiterbeauftragung der „Ideenwelt Gesundheit GmbH“ (IWG) zur Ärztebefragung zu investieren. Erfreulicherweise habe sich der Bürgermeister Harscher zusammen mit den hiesigen Ärztinnen und Ärzten und unter großem Engagement von Marianne Merschhemke aus der Grünen Fraktion zu einem anderen Schritt entschieden und ist damit auch sehr erfolgreich gewesen. Sie informierte dann auch ausführlich über die bereits erfolgte Gründung eines Medizinischen Versorgunszentrum (MVZ) als ersten Schritt, die als nächstes anstehende Umsiedlung in ein größeres Provisorium und schlussendlich die Errichtung eines Ärztehauses in zentraler Lage. Um langfristig einem Mangel an Hausärzten vorzubeugen müsse sich jedoch der Ausbildungsmodus ändern. So könne zum Beispiel am Anfang der Facharztausbildung ein Ausbildungsabschnitt in einer allgemeinmedizinischen Praxis absolviert werden um den frisch gebackenen Ärzten diese Arbeitsweise nahezubringen

Haushalt

In der anschließenden Diskussionsrunde wurde vor allem die klamme Haushaltslage der Stadt diskutiert. Die Ursachen hierfür sind sicher vielfältiger Natur, allerdings haben auch die Entscheidungen des alten Gemeinderates dafür gesorgt, dass es zum Beispiel nun ein Mammutprojekt wie den Schulcampus zu stemmen gilt. Hierfür werde es einiges an Einsparungen geben müssen. Es werde wohl eine sehr, sehr spezielle Klausurtagung geben, wenn sich bereits jetzt in den Teilorten der Widerstand regt, Dinge aufzugeben, die ja gerade den Charme einer Stadt ausmachten. Vielleicht gilt es auch hier neue Wege zu gehen. Bezüglich der Stadtentwicklung, der Verkehrssituation, Parkmöglichkeiten, bezahlbarem Mietwohnungsbau, Freiflächenplanung werde es immer wieder Interessenkonflikte geben, sind sich die Grünen sicher. Per se müsse das jedoch dazu führen, auch viel mehr in Abstimmung mit der Bevölkerung langfristig zu planen: mehr Bürgerversammlungen und Beteiligungsforen seien gefragt. So ließen sich sicher auch schmerzhafte Entscheidungen besser vermitteln.

Gemeinsam mehr erreichen

Hier sehen Schopfheims Grüne auch viele Vernetzungspunkte mit Gruppen wie Plant for the Planet, Fridays for Future, Initiativen für einen „Unverpacktladen“ und Mitfahrbänke, Behinderten- und Seniorenbeirat, IG Velo und IG Pro Schiene als Beispiele.

Stadtentwicklung

Gerade der Besuch in Nagold habe für die Grünen auch gezeigt, wie ein gemeinsames Interesse kleine „Wunder“ bewirken könne. Dabei empfinde sich auch die Partei gefordert , wie die beiden Vorstände Michael Straub und Sebastian Prigge betonten. Im Auge behalten wollen die Grünen auch die Situation des Schopfheimer Einzelhandels nach der Eröffnung des erweiterten Müller Marktes, ergänzte die frühere Vorstandssprecherin Sabine Imping.

Bundes- und EU-Politik

Der letzte Part vor dem Kamin gehörte Gerhard Zickenheiner, der seinerseits sein Feuer für die Arbeit im Bundestag und der Grünen Fraktion unter Beweis stellte. Genau vor einem Jahr als Nachfolger des Finanzexperten Gerhard Schick nachgerückt, musste er erst mal seinen Platz in den diversen Ausschüssen und Arbeitsgruppen finden.

Zickenheiner ist Mitglied im Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung (PBnE) und im EU-Ausschuss. Der PBnE begleitet die Umsetzung und Weiterentwicklung der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie und beschäftigt sich mit verschiedensten Themen der Nachhaltigkeitspolitik. Im Zuge seiner Arbeit beschäftigt sich Zickenheiner insbesondere mit der Umsetzung der Agenda 2030 und der 17 globalen Nachhaltigkeitsziele sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene. Ein besonders wichtiges Anliegen für Zickenheiner ist das institutionelle Rahmenabkommen mit der Schweiz. Die Beziehungen zwischen der EU und der Schweiz sind derzeit in einer schwierigen Phase. Aus diesem Grund setzt sich der Bundestagsabgeordnete auf ganzer Linie für eine erfolgreiche Umsetzung des Rahmenabkommens ein. Grundsätzlich engagiert sich Zickenheiner für die gute Zusammenarbeit mit beiden Nachbarländern und auch die erfolgreiche trinationale Zusammenarbeit. Aber auch ein besseres Verhältnis zwischen LandwirtInnen und BürgerInnen ist für Zickenheiner ein wichtiges Thema. Derzeit organisiert er in der Region eine parteiübergreifende Arbeitsgruppe. Diese soll einerseits versuchen, mehr Verständnis zwischen den BürgerInnen und den LandwirtInnen zu schaffen und andererseits die Förderhemmnisse und Risiken für LandwirtInnen auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene zu identifizieren und deren Überarbeitung anregen.

Am Ende waren sich alle einig

Politische Entscheidungen müssen im neuen Jahr stärker auf sozialen und ökologischen und ökonomischen Faktoren gleichermaßen basieren.